Wenn der Wetterdienst für das kommende Wochenende Schnee bis in die Niederungen ankündigt und jedermann in seine Garage rennt, um Winterreifen montieren zu lassen, bricht bei Oldtimer-Besitzern häufig Panik aus, weil das Auto wieder einmal eine Saison zu wenig bewegt wurde.
So auch bei den Schweizer Trident-Fahrern. Roland Flüeler lud deshalb Anfang November 2016 auf einen Freitag kurzfristig zu einer Tour auf die Schwäbische Alb ein. Drei von vier Tridents in der Schweiz waren auch tatsächlich einsetzbar und die Eigentümer liessen alles stehen und liegen, um die wohl letzte Gelegenheit für eine Ausfahrt zu nutzen. Man traf sich morgens zeitig bei Nebel am Rheinfall, fand dann im Quellgebiet der Donau aber schnell schönstes Herbstwetter. Um den überbevölkerten Strassen in der Schweiz zu entfliehen, sind der Schwarzwald und das Allgäu entlang seiner südlichen Begrenzung durch die Alpen uns bestens bekannte Gebiete, um Autos noch geniessen zu können. Das junge Donautal und die Schwäbische Alb gehörten leider bisher bei mir noch nicht dazu, weshalb die langjährigen Ortskenntnisse von Roland sehr geschätzt wurden.
Was wir an diesem Herbsttag antrafen, war ein automobilistisches Eldorado. Roland kannte einsame Strassen (über Kilometer begegneten wir keinen anderen Autos) in hervorragendem Wartungszustand, unterhaltsamer Linienführung (langgezogene Kurven über Land und Hügel; recht steile und eng-kurvige Bergstrecken an die Donau hinunter und wieder hinauf und alles in schönster, abwechslungsreicher Landschaft. Unsere farblich abgestuften Autos passten bestens in die Pracht der gelben, roten bis braunen Blätter, die sich noch an den Bäumen hielten.
Wie wenig mit dem Trident während des Jahres gefahren wurde, zeigte sich bei mir auch an den schnell aufkommenden Ermüdungserscheinungen. Auf diesen kurvigen Strassen hätte ich mir gerne das früher montierte Lederlenkrad mit relativ dickem Kranz anstelle des zierlichen Nardi-Lenkrades mit dünnem Holzkranz zurückgewünscht. Und die kürzere Übersetzung der Kugelumlauflenkung des Clipper malträtierte die während der Saison dank Servolenkung im bequemen Auto nicht trainierte Arm-Muskulatur. Peter und ich enttäuschten dann wahrscheinlich Roland, als wir nicht mehr bis zum von ihm ausgesuchten Restaurant weiterfahren, sondern uns in Zwiefalten an den Tisch des Restaurants der Klosterbrauerei setzen wollten und diesen Ort zum „Wendepunkt“ der Tour deklarierten.
Nach dem ausgezeichneten Mittagessen tauschten Peter und ich die Autos. Bei seinem Clipper handelt es sich um ein Vorserienmodell aus dem Jahr 1967 (erkennbar an der komplett aufklappbaren Front), das vor vielen Jahren in den USA für eine Vollrestaurierung zerlegt und wieder zusammengebaut worden war. Peter warnte mich vor vielen Klapper- und anderen Geräuschen, welche Zeugnis für die Schwierigkeit ablegten, ein Auto nach totaler Zerlegung wieder solide zusammen zu bauen. Ich stellte aber erstaunlich wenig unerwünschten Lärm fest. Und was noch viel mehr überraschte, war die Erkenntnis, dass auch auf anspruchsvollen Strassen das Austin-Healey 3000-Fahrwerk in der Standardausführung genügt (und der 4.7L V8-Ford-Motor sowieso) und dass das Auto viel Spass bereitete, vor allem auch präzise einlenkte und überhaupt kein schwammiges Fahrgefühl vermittelte.
Weil ich meinen späteren Clipper (1969) aus der Serienproduktion ab und zu auf Rennstrecken bewegte und mich dabei ob des massiven Untersteuerns aufregte, nutzte ich die Restaurierung für umfassendes Fahrwerkstuning. Die (verstärkten) Hebelarmstossdämpfer sind zwar beibehalten worden, vorne wurde aber ein dickerer Stabilisator und an der Hinterachse nunmehr auch ein Kurvenstabilisator montiert. Ein Quaife-Sperrdifferential und Polyurethan-Buchsen (anstelle solcher aus Gummi) mussten her, von aufgerüsteten Bremsen ganz zu schweigen. Für den Einsatz auf der Strasse braucht es all dies jedoch nicht. Und Peter fand an dem sich nun absolut neutral verhaltenden Clipper nicht einmal Gefallen, sondern wollte beim ersten Halt sein Auto zurück. Mein Auto fühle sich viel zu modern an, war sein Argument! Roland hat einen Venturer mit Ford 3.0L-V6-Motor aus der letzten Bauserie (u.a. erkennbar an der geänderten Front). Trident verwendete für diese Autos ein verlängertes Chassis des Triumph TR6. Das gesamte Fahrwerk mit hinterer Einzelradaufhängung wurde vom Triumph übernommen, erweist sich bei zügiger Fahrweise aber unter dem schwereren Trident als hoffnungslos überfordert. Das ursprünglich unberechenbare und schaukelnde Fahrverhalten auf unebener Strassenoberfläche konnte mit dem Umbau der Hinterachse behoben werden. Der von Revington TR für den Triumph TR6 angebotene Umbausatz beinhaltet u.a. einen Stabilisator und eine geänderte Stossdämpfer-Führung. Trotz des im Vergleich zum Clipper relativ „hochbeinigen“ Erscheinungsbildes liegt der Venturer in Kurven hervorragend und mit den Roland folgenden Clipper musste richtig Gas gegeben werden, um an unserem „Leithammel“ dran zu bleiben.
Dieser unterhaltsame Tagesausflug zeigte wie intensiv Oldtimer erlebt werden können, ohne dass grosser Organisationsaufwand notwendig ist. Wir nahmen uns deshalb vor, in der neuen Saison solche Kurztouren häufiger zu machen, zumal das Erlebnis beinahe spannender ist, wenn die alten Autos wie Alltagsfahrzeuge eingesetzt und sie auch entsprechend beherzt bewegt werden, was im Rahmen von grösseren Treffen vielleicht nicht immer in diesem Ausmass erfolgt. Die Vorsätze für das neue Jahr sind also gemacht und wir müssen uns am kommenden Silvester nichts neues ausdenken.
Bildquelle: Roland Flüeler, Bruno Meier
Text: Bruno Meier